Essstörungen

Drei Arten von Essstörungen

Im Wesentlichen werden sowohl im ICD10 (der „international classification of diseases“ als auch im amerikanischen Gegenstück, dem DSM VI (dem „diagnostic statistic manual“) Essstörungen in drei Gruppen unterteilt:

  1. Anorexia nervosa – Magersucht
  2. Bulimia nervosa – Ess-Brech-Sucht
  3. Binge eating disorder – Essattacken ohne Erbrechen

Zentrale Symptome der Essstörungen sind das willentlich gezügelte Essverhalten und eine alles beherrschende Angst vor dem Dickwerden (Gewichtsphobie). Damit verbunden ist eine verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers – eine sogenannte „Körperschemastörung“, wobei der Umfang und die Form des eigenen Körpers überschätzt wahrgenommen werden.

Verzerrte Selbstwahrnehmung

Gleichzeitig ist die Körperform ganz zentral mit dem Selbstwertgefühl verbunden, weshalb – vorwiegend weiblichen – Patientinnen enorme Anstrengungen unternehmen, um ihr Körpergewicht zu kontrollieren.

Sie entwickeln umfassende Regeln und Rituale und verbergen diese Aktivitäten selbst vor ihrer eigenen Familie mit Akribie und Perfektion.

Zu diesen heimlichen Aktivitäten gehören z.B. mehrmalige Gewichtskontrolle täglich, Kalorienzählen, Diäten, Verwendung von Medikamenten zur Gewichtskontrolle oder sportliche Aktivitäten. Familienangehörige sind oft völlig frapiert, wie und wie lange die Patientinnen ihre Erkrankung und die damit verbundenen Maßnahmen verheimlichen konnten.

Diagnose

Die Bedeutung der genauen Diagnose liegt vor allem in einem enorm wichtigen Umstand begründet – der Auswirkung auf die Prognose der Erkrankung: In beiden Fällen kann es durch Elektrolytentgleisung und Unterernährung zum Tod kommen!, aber bei anorektischen Patientinnen passiert das wesentlich häufiger: etwa 10% sterben im Laufe von zehn Jahren an den Folgen der Krankheit (bei der Bulimie sind es weniger als 1%).

Therapie

Behandlung der ersten Wahl ist sicherlich Psychotherapie, wobei sich kognitive Verhaltenstherapie und systemische (interpersonelle) Psychotherapie als äußerst wirksam erwiesen haben. Auch tiefenpsychologische Ansätze können – durch Aufarbeitung der zugrundeliegenden seelischen Konflikte – sehr gute Erfolge erzielen. In zwei Studienprojekten an der psychosomatischen Station der Universitätsklinik für Psychiatrie untersuchen derzeit mein Team und ich Wirksamkeit und Nachhaltigkeit tiefenpsychologischer Verfahren.

Binge eating disorder

Dieses Syndrom betrifft etwa 2% der Bevölkerung. Viele der Betroffenen sind übergewichtig, aber nicht ausschließlich. Anders als bei der Magersucht oder der Bulimie sind bei Binge eating auch viele Männer betroffen (35% der PatientInnen). Als weitere Symptome gelten besonders schnelles Essen und Essen ohne Hunger. Aufgrund von Gefühlen der Schuld, Scham oder Peinlichkeit wird allein gegessen, danach treten häufig Ekel, neuerliche Schuld (wegen des Versagens der Selbstkontrolle) oder Depressionen auf. Die Essattacken werden als äußerst belastend empfunden.